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Banklexikon
Ausgabe 2014
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Grundzüge der Unternehmensfinanzierung

Unter Unternehmensfinanzierung wird im Folgenden der Kapitalbeschaffungsprozess, aber auch das Ergebnis dieses Prozesses, die Ausstattung des Unternehmens mit Kapital verstanden. Ursächlich für die Unternehmensfinanzierung ist der Bedarf der Unternehmung an Kapital zur Erfüllung ihrer güterwirtschaftlichen Aufgaben. Vor der Entscheidung wie der Kapitalbedarf gedeckt und finanziert werden soll, steht zunächst die Frage nach der Höhe des Kapitalbedarfs. 1.  Kapitalbedarfsplanung Aufgabe der Kapitalbedarfsplanung ist die Beantwortung der Fragen in welcher Höhe und für welchen Zeitraum Kapital zur Verfügung zu stehen hat. Rein formal ergibt sich die Höhe des Kapitalbedarfs (KB) zum Zeitpunkt T als Differenz zwischen den kumulierten Auszahlungen (A) und den kumulierten Einzahlungen (E): Grundzüge der Unternehmensfinanzierung Die Höhe des Kapitalbedarfs ist ceteris paribus umso größer, je weiter der Zeitpunkt der Leistungserstellung, mit den damit in Verbindung stehenden Auszahlungen für die benötigten Produktionsfaktoren, und der Zeitpunkt der LeistungsVerwertung und die hierfür eingehenden Umsatzerlöse auseinander liegen. Die Höhe der Auszahlungen hängt maßgeblich vom monetären Umfang der für die Leistungserstellung benötigten Produktionsfaktoren ab. Zur Ermittlung des Volumens der Auszahlungen wird auf der güterwirtschaftlichen Ebene der Prozess der Leistungserstellung in Teilprozesse (im einfachsten Fall: Beschaffung, Produktion, Absatz) zerlegt. Für die Teilprozesse erfolgt jeweils die Feststellung des Umfangs der benötigten Produktionsmittel und der damit einhergehenden Auszahlungen. Neben den Auszahlungen, die auf der lei stungs wirtschaftlichen Ebene anfallen, müssen auch die erwarteten Auszahlungen auf der finanzwirtschaftlichen Ebene (Steuer-, Dividenden-, Zins- und Tilgungszahlungen) kalkuliert werden. Bei der Aggregation der Ergebnisse sind Interdependenzen zwischen den Ebenen, z.B. aufgrund steuerlicher Besonderheiten die Möglichkeiten zur Verringerung der Steuerlast durch getätigte Investitionen bieten, zu berücksichtigen. Die Ermittlung der Summe der erwarteten Einzahlungen basiert primär auf der Absatzplanung und den damit verbundenen Umsatzerlösen. Allerdings sind auch Einzahlungen, die aus dem planmäßigen Abgang von Anlage- bzw. Umlaufvermögen oder Steuerrückerstattungen resultieren, zu erfassen. Eine Berechnung des Kapitalbedarfs mittels prognostizierter Ein- und Auszahlungen ist bei kurz- und mittelfristigen Planungszeiträumen mit ausreichender Genauigkeit möglich, bei einem Planungszeitraum von mehreren Jahren stößt sie naturgemäß auf erhebliche Unsicherheiten und ist damit nicht mehr hinreichend aussagefähig. In der Praxis wird deshalb im Rahmen der Finanzplanung bei einem mehrjährigen Planungszeitraum oftmals auf die bilanzielle Kapitalbedarfsermittlung zurückgegriffen. Hierbei wird zunächst versucht, den in der Vergangenheit beobachteten Zusammenhang zwischen Umsatzerlösen und Bilanzveränderungen zu ermitteln. Mit Hilfe der prognostizierten Umsatzerlöse werden dann Rückschlüsse auf die zu erwartende Bilanz und ihre Struktur getroffen. Hieraus lassen sich Art und Umfang des langfristigen Kapitalbedarfs ableiten. Ist der Kapitalbedarf ermittelt, stellt sich die Frage nach den Finanzierungsinstrumenten. In der Literatur existieren eine Reihe von Ordnungskriterien. Häufig wird dabei nach der Herkunft des zur Verfügung gestellten Kapitals systematisiert, dieser Vorgehensweise soll auch hier gefolgt werden. 1.  Außenfinanzierung Bei der Außenfinanzierung erhält das Unternehmen eine externe Kapitalzufuhr. Die Außenfinanzierung selbst lässt sich weiterhin nach der Rechtsstellung der Kapitalgeber unterteilen. Zu unterscheiden sind hierbei Finanzierungsformen, die dem Kapitalgeber ein unmittelbares Anteilsrecht an der Unternehmung gewähren und solche, die dem Kapitalgeber lediglich ein Forderungsrecht gegenüber der Unternehmung einräumen. 1.1  Eigenfinanzierung Bei der Eigen- oder Beteiligungsfinanzierung wird dem Unternehmen Eigenkapital ohne zeitliche Befristung überlassen. Die Eigenkapitalgeber haben dabei keinen Zinsanspruch, allerdings steht ihnen die volle Teilhabe am Gewinn und am Liquidationserlös der Unternehmung zu. Dem steht im Insolvenzfall die Partizipation am Verlust gegenüber. Diese lässt sich durch die Wahl der Unternehmensrechtsform jedoch beschränken. Im Falle der AG und der GmbH ist die Haftung auf das eingebrachte Vermögen beschränkt. Komplementäre einer KG bzw. KGaA, Einzelunternehmer und Gesellschafter einer OHG oder GbR tragen im Insolvenzfall nicht nur das Risiko des Verlustes der Einlage, sondern haften darüber hinaus mit ihrem Privatvermögen. Die Möglichkeit zur Nutzung der Eigenfinanzierung hängt in entscheidendem Maße von der Rechtsform der Unternehmung ab. Emissionsfähige Unternehmen, d.h. Aktiengesellschaften können durch die Zulassung ihrer Aktien zum Handel an einer Börse (Zulassung von Wertpapieren) im Zuge eines so genannten Initial Public Offering (IPO) direkten Zugang zu den Eigenkapitalmärkten erlangen. Voraussetzung für eine Zulassung sind dabei die Einhaltung bestimmter qualitativer (z.B. Publizitätspflichten) und quantitativer (Mindestkurswert, Streuung, etc.) Faktoren, die durch das Aktiengesetz und die Zulassungsbedingungen der jeweiligen Börsen determiniert sind. Unterschiede in den Zulassungsvoraussetzungen ergeben sich dabei vor allem durch die Wahl des Marktsegmentes. Entscheidende Bedeutung für ein erfolgreiches IPO hat neben der Wahl des Marktsegmentes die Bestimmung eines angemessenen Emissionspreises und des geeigneten Emissionszeitpunktes. Börsennotierte Aktiengesellschaften haben durch Kapitalerhöhungen die Chance theoretisch beliebig oft und in beliebiger Höhe Eigenkapital am Kapitalmarkt aufzunehmen. Nicht börsennotierte Aktiengesellschaften haben dagegen, wie sämtliche anderen nicht emissionsfähigen Unternehmen, keinen Zugang zur Börse so dass für sie kein organisierter Markt zur Beschaffung von Eigenkapital verfügbar ist. Der damit ohnehin beschränkte Investorenkreis ist zusätzlich mit den Problemen einer mangelnden Fun- gibilität des Eigenkapitals und einer fehlenden Marktpreisermittlung für die Beteiligungstitel konfrontiert. Diese Nachteile werden als ein Hauptgrund für die geringe Eigenkapitalausstattung von vielen kleinen und mittleren Unternehmen angeführt. 1.2  Fremdfinanzierung Bei der Fremdfinanzierung erwerben die Kapitalgeber im Gegensatz zur Eigenfinanzierung keinerlei Recht auf Teilhabe am Gewinn oder Liquidationserlös. Neben dem Anspruch auf Rückzahlung der vereinbarten Kreditsumme steht ihnen ein vorher festgelegter Zinsanspruch zu. Dieser ist unabhängig von der Erfolgslage des Unternehmens zu befriedigen. Damit wird deutlich, dass das unternehmerische Risiko zunächst rein auf das Eigenkapital beschränkt ist. Lediglich wenn die vorhandenen Vermögenswerte und Sicherheiten nicht ausreichen um sämt- liehe Forderungen zu befriedigen, tragen auch die Fremdkapitalgeber ein Verlustrisiko. Häufig werden Kreditverträge deshalb mit Vertragsklauseln (Covenants) ausgestattet, die die Einhaltung bestimmter Eigenkapitalquoten, Sicherheiten oder sonstiger Kennzahlen garantieren sol- Zur Systematisierung der Fremdfinanzierung wird üblicherweise die Dauer der Kapitalüberlassung verwendet. 1.2.1  Kurzfristige Fremdfinanzierung Eine allgemein gültige Definition des Begriffs kurzfristig existiert in der Literatur nicht. Jedoch hat sich in der Praxis die Klassifikation der Deutschen Bundesbank durchgesetzt, die Kredite deren Laufzeit oder Kündigungsfrist maximal ein Jahr beträgt, als kurzfristig definiert. Die Deckung des kurzfristigen Kapitalbedarfs kann dabei über eine Kredit- oder eine Geldmarktfi- nanzierung geschehen. Im Kreditbereich ist die häufigste Form der Gewährung die Einräumung von Kreditlinien bei den Hausbanken, die eine flexible Nutzung erlauben. Aber auch Wechselkredite, Akzept-Kredite oder das Einräumen von Zahlungszielen durch Lieferanten fallen unter die kurzfristige Kreditfinanzierung. Insbesondere Großunternehmen nutzen in den letzten Jahren häufig den Geldmarkt zur Deckung ihres kurzfristigen Finanzbedarfs. Die Spezifika des Geldmarktes erlauben jedoch nur Unternehmen erster Bonität die Nutzung dieser Quelle. Eine der gebräuchlichsten Formen sind hierbei Commercial Papers, deren Laufzeit von einer Woche bis zu einem Jahr reicht. Zu beachten ist jedoch, dass Commercial Papers in der Regel revolvierend begeben werden um den Investoren eine kontinuierliche Anlagebasis zu bieten. Unternehmen, die nur einen vorübergehenden und einmaligen kurzfristigen Finanzierungsbedarf haben, werden deshalb im allgemeinen keine Commercial Papers emittieren. 1.2.2  Langfristige Fremdfinanzierung Wie auch bei der kurzfristigen Fremdfinanzierung bietet sich für Unternehmen prinzipiell die Möglichkeit die Mittel über den Markt oder eine Bank zu beschaffen. Insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen ist die Hausbankfinanzierung noch immer die dominierende Form der langfristigen Fremdfinanzierung. Dabei ist nicht notwendigerweise die Hausbank selbst Kapitalgeber. Kreditprogramme staatlicher Förderinstitute wie der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) bieten oftmals besonders günstige Bedingungen zur Förderung bestimmter wirt- schafts- oder regionalpolitischer Ziele. Die Hausbanken fungieren hier zum Teil lediglich als durchleitende Bank. Ziel der staatliche Förderinstitute ist es, kleinen und mittleren Unternehmen den ihnen fehlenden Zugang zum Kapitalmarkt auf diese Weise auszugleichen. Für eine Finanzierung über den Kapitalmarkt ist in der Regel ein Rating durch eine anerkannte Ratingagentur nötig. Die Kosten hierfür und für die Emissionsbankvergütung machen eine Anlei- hefinanzierung somit für Unternehmen mit geringerem Finanzierungsbedarf uninteressant. Für die Ausgestaltung der Anleihe gibt es viele Varianten. Die konkrete Art hängt dabei von den Bedürfnissen des Emittenten und den Erfordernissen des Marktes ab. 1.3  Sonderformen der Außenfinanzierung Während bei den bisher behandelten Finanzierungsformen eine Zuordnung zu Beteiligungskapital oder Fremdkapital eindeutig erfolgen konnte, enthält so genanntes Hybrid-Kapital sowohl Ausprägungen, die eine Zurechnung zum Eigenkapital rechtfertigen würden, aber auch Komponenten, die eine Einordnung in das Fremdkapital zulässig erscheinen lassen. Rechtlich gesehen ist es im allgemeinen unstrittig, dass Hybrid- oder Mezzanin-Kapital als Fremdkapital klassifiziert wird. Hybrid-Kapital zeichnet sich dadurch aus, dass der Kreditnehmer keinerlei Sicherheiten stellt, bzw. lediglich nachrangige Sicherheiten für den Kreditgeber zur Verfügung stehen. Zum Ausgleich hierfür erhält der Kreditgeber häufig Eigenkapitaloptionen (Equity- Kicker). Diese gewähren ihm im Falle eines positiven Geschäfts Verlaufs eine Teilhabe am Unternehmenserfolg. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht enthält Hybrid-Kapital deshalb zumindest eigenkapitalähnliche Eigenschaften. Eine Sonderform der Finanzierung ist das Leasing, das einige kreditähnliche Merkmale aufweist. Allerdings nimmt der Leasingnehmer im Gegensatz zur Kreditfinanzierung selbst kein Kapital auf. Die Finanzierung der Investitionen erfolgt durch den Leasinggeber, der Leasingnehmer leistet lediglich betragsmäßig vorher definierte Leasingraten. 2.  Innenfinanzierung Bei der Innenfinanzierung fließen dem Unternehmen Mittel aus dem Umsatzprozess zu. Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass der Mittelzufluss aus dem Umsatzprozess höher ist, als der Abfluss liquider Mittel bei der Leistungserstellung. Die Innenfinanzierung wird zum Teil als die optimale Form der Finanzierung betrachtet, da das Unternehmen relativ unabhängig von den Kapitalmärkten und Kapitalgebern investieren und agieren kann. Die Tatsache, dass bei der Innenfinanzierung keinerlei definierte Zins- und Tilgungszahlungen anfallen sowie die Beteiligungs- und Mitspracherechte am Unternehmen unangetastet bleiben, gilt als ein weiterer zentraler Vorteil der Innenfinanzierung. Dem ist jedoch zu entgegnen, dass gerade das Fehlen einer externen Prüfung von Investitionen durch Kapitalgeber unter Umständen zur suboptimalen Kapitalallokation führen kann. So ist vorstellbar, dass Manager des Unternehmens zur Steigerung der persönlichen Machtfülle Erweiterungsinvestitionen vornehmen, die aus Sicht der Kapitalgeber nicht lohnend sind, weil unternehmensextem Anlagemöglichkeiten existieren, die eine günstigere Rendite-Risiko-Struktur aufweisen. Die verschiedenen Arten der Innenfinanzierung sollen im Folgenden systematisiert werden. 2.1  Selbstfinanzierung Die Selbstfinanzierung wird als die wichtigste, weil zahlenmäßig bedeutendste Form der Innenfinanzierung betrachtet. Aus Sicht der Rechtsstellung ist die Selbstfinanzierung der Eigenfinanzierung zuzurechnen, weil es sich um die Einbehaltung von Gewinnen handelt. Bilanziell kann die Art der Selbstfinanzierung in zwei Arten unterschieden werden: die offene Selbstfinanzierung und die stille Selbstfinanzierung. 2.1.1  Offene Selbstfinanzierung Die offene Selbstfinanzierung drückt sich in einer bilanziellen Erhöhung des Eigenkapitals aus. Die erwirtschafteten Gewinne des Unternehmens werden dabei nicht ausgeschüttet, sondern in die Rücklagen eingestellt. Bei einer Aktiengesellschaft dürfen Vorstand und Aufsichtsrat bis zu 50% des Jahresüberschusses in die Gewinnrücklagen einstellen, höhere Quoten bedürfen der Zustimmung der Hauptversammlung. Die offene Selbstfinanzierung ist eine Form der Gewinnthesaurierung. Der Grad der offenen Selbstfinanzierung ist vor allem von den Interessen der Anteilseigner abhängig. Dabei prägen auch steuerliche Überlegungen den Umfang der offenen Selbstfinanzierung. Bis zur Steuerreform 2001 war es zum Teil sinnvoller Gewinne auszuschütten, da auf Ebene der Anteilseigner häufig die Besteuerung geringer war als auf Unternehmensebene. (Schütt-aus-hol-zurück-Verfahren). In Form einer Kapitalerhöhung erfolgte anschließend die Rückübertragung der Gewinne in das Unternehmen. 2.1.2  Stille Selbstfinanzierung Bei der stillen Selbstfinanzierung erfolgt im Gegensatz zur offenen Form kein Bilanzausweis. Die stille Selbstfinanzierung entsteht durch die Bildung stiller Reserven, die den bilanziellen Gewinn des Unternehmens mindern. Der Ausweis eines geringeren Gewinns führt dazu, dass die nicht ausgewiesenen Gewinne erst zum Zeitpunkt der Auflösung der stillen Reserven der Besteuerung unterliegen. Dieser so genannte Steuerstundungseffekt führt so zu einer temporär erhöhten Liquidität durch die zeitliche Verschiebung der Steuerzahllast. Möglichkeiten zur Schaffung von stillen Reserven bestehen bei 1)       bewusster Unterbewertung von Aktiva z.B. durch erhöhte Abschreibungen, 2)       Überbewertung von Passiva, wie überhöhten Rückstellungen für Gewährleistungen oder höheren Pensionsrückstellungen als gesetzlich vorgeschrieben, 3)       Nichtaktivierung von Wertsteigerungen über die Anschaffungskosten hinaus oder vollständiges Abschreiben geringwertiger Wirtschaftsgüter statt einer teilweisen Aktivierung. Für externe Bilanzleser ist der Grad und Umfang der stillen Selbstfinanzierung nicht nachvollziehbar. Die stille Selbstfinanzierung ist damit Teil der Bilanzpolitik des Unternehmens. 3.2  Finanzierung aus Rückstellungen Während der Umfang der Selbstfinanzierung vom Unternehmen frei wählbar ist, ist die Finanzierung aus Rückstellungen zumindest teilweise gesetzlich determiniert. Die Verpflichtung der Unternehmen für zukünftige Verbindlichkeiten Rückstellungen zu bilden ergibt sich dabei aus § 249 HGB. Demnach sind mit bekannt werden von zukünftig eintretenden Verpflichtungen Rückstellungen für diese Ereignisse zu bilden. Die im Unternehmen so gebundenen finanziellen Mittel können bis zum Abruf für die eigentliche Zweckbestimmung im Unternehmen investiert werden. Der exakte Zeitpunkt des Eintritts der Zahlungsverpflichtung ist in der Regel nicht bekannt. Um bei Fälligkeit der Rückstellung auch die liquiden Mittel zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtung verfügbar zu haben, sind kurzfristige Rückstellungen, z.B. für erwartete Steuemachzahlungen, nur in schnell liquidierbare Vermögensgegenstände zu investieren. Langfristige Rückstellungen, wie sie z.B. für Pensionen gebildet werden, finden jedoch häufig zur Finanzierung des Anlagevermögens Verwendung. Die erforderliche Höhe der Rückstellungen ist gesetzlich nicht geregelt und obliegt somit einem gewissen Ermessensspielraum der Unternehmung. Die mögliche Bildung überhöhter Rückstellungen wird im betriebswirtschaftlichen Sinn der stillen Selbstfinanzierung und nicht der Finanzierung aus Rückstellungen zugerechnet, da sie nicht der Deckung zukünftiger Verpflichtungen, sondern der Vermeidung eines hohen auszuweisenden Gewinns dienen. Für externe Bilanzleser ist im allgemeinen jedoch nicht erkennbar ob und in welchem Maße Rückstellungen überhöht sind. 3.3  Finanzierung aus Abschreibungen Planmäßige Abschreibungen dienen der Verteilung der Anschaffungs- oder Herstellkosten auf die Nutzungsdauer des Gutes. Bei der Preiskalkulation der Produkte wird der anteilige Betrag der Abnutzung in die Herstellkosten einberechnet. Voraussetzung für das Wirksamwerden eines Finanzierungseffektes ist allerdings, dass die kalkulatorischen Abschreibungen auch mindestens dem tatsächlichen Werteverzehr entsprechen und dass die so kalkulierten Preise am Markt auch durchgesetzt werden können. Gelingt dies, so wird das in den Anlagen investierte Kapital über den Umsatzprozess wieder freigesetzt und steht der Unternehmung erneut zur Verfügung. 3.4  Finanzierung durch Vermögensumschichtung Während bei den bisher besprochenen Formen der Innenfinanzierung der Unternehmung neues Kapital zufließt, handelt es sich bei der Finanzierung aus Vermögensumschichtung lediglich um eine Liquidierung bestehender Assets. Die Finanzierung aus Vermögensumschichtung hat vor allem die Verringerung der Kapitalbindung und damit letztendlich eine Verringerung des Kapitalbedarfs im Unternehmen zum Ziel. Dies kann zum einen durch eine effizientere Nutzung der bestehenden Vermögensgegenstände geschehen (Rationalisierung), aber auch durch den Verkauf von Gegenständen des Anlage- und Umlaufvermögens. Möglichkeiten der Rationalisierung können z.B. die Steigerung der Lagerumschlagshäufigkeit oder eine Verringerung der Durchlaufzeiten sein. Veräußerungen von Teilen des Anlagevermögens können aus Gründen der Erhöhung der Rentabilität geschehen, weil evtl. dieses Anlagevermögen nicht mehr betriebsnotwendig ist und die freiwerdenden Mittel rentierlicher angelegt werden können, oder auf Grund eines Liquiditätsengpasses. Der Verkauf von benötigten Produktionsmitteln an Leasinggesellschaften und das anschließende mieten dieser Produktionsmittel (Sale & Lease Back) verschafft den Unternehmen einen Liquiditätszugang. Zu beachten ist hier allerdings, dass damit in der Zukunft die Liquidität durch die Leasingraten beeinträchtigt wird. Für das Umlaufvermögen kann beispielsweise durch den Verkauf von Forderungen (Factoring) der Zufluss liquider Mittel zeitlich nach vorne verlegt werden. 3.  Kapitalstruktur Aus Sicht des betriebswirtschaftlichen Oberziels der Gewinnmaximierung wäre die Finanzierungsquelle zu wählen, die mit den geringsten Finanzierungskosten verbunden ist. Neben dem Ziel der Gewinnmaximierung müssen jedoch auch Ziele wie die Sicherung der finanziellen Unabhängigkeit oder die Einhaltung bestimmter, als optimal angesehener Kapitalstrukturen berücksichtigt werden (optimale Kapitalstruktur, Goldene Bilanzregel). In Abhängigkeit von der Rechtsstellung des Kapitalgebers ergeben sich dabei unterschiedliche Präferenzen. So bevorzugen Fremdkapitalgeber ceteris paribus einen hohen Eigenkapitalanteil, während aus Sicht der Eigenkapitalgeber oftmals ein höherer Fremdkapitalanteil erstrebenswert erscheint. Ein hoher Fremdkapitalanteil ist aus Sicht der Eigenkapitalgeber wegen des Leverage- Effektes wünschenswert, aber auch agency-theoretische (Agency-Theorie) Gründe sprechen dafür. Bestehende Informationsasymmetrien lassen die Fremdkapitalgeber das Risiko von zu finanzierenden Investitionen nicht exakt abschätzen. Eigenkapitalgeber können deshalb Fremdkapitalgebern gegenüber das Risiko neuer Projekte niedriger darstellen als es in Wirklichkeit ist oder die geplanten Investitionsprojekte nach Erhalt des Fremdkapitals durch riskantere ersetzen. Für die Eigenkapitalgeber bietet sich im Falle eines Erfolges die Chance auf hohen Wertzuwachs. Das Fremdkapital partizipiert demgegenüber nicht an möglichen Wertsteigerungen, trägt aber in gleichem Maße das Risiko bei Scheitern des Projektes. Die Fremdkapitalgeber werden deshalb ceteris paribus Unternehmen mit hoher Eigenkapitalausstattung präferieren, da in diesem Fall das verzerrte Darstellen von Risiken bei Investitionsprojekten unwahrscheinlicher erscheint. In der Praxis hängt die Zusammensetzung der Bilanz letztlich von den Möglichkeiten und Machtverhältnissen der Unternehmung Eigen- oder Fremdkapital aufzunehmen ab. Literatur: BÜSCHGEN, H: (2001), Ermittlung des Kapitalbedarfs der Unternehmung, in: Handbuch Finanzierung; hrsg. von Breuer, R. E.; Wiesbaden. EILENBERGER, G. (2001), Finanzierungsarten, in: Handwörterbuch des Bank- und Finanzwesens; hrsg. von Gerke, W. / Steiner, M.; Stuttgart. GERKE, W: / BANK, M. (1998), Finanzierung: Grundlagen für die Investitions- und Finanzierungsentscheidungen in Unternehmen; Stuttgart. WÖHE, G, (2000), Einführung in die Allgemeine Betriebswirtschaftslehre; München.        





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