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Banklexikon
Ausgabe 2014
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Handelsstrategien

1.  Kapitalmarkteffizienz Nach Fama (1970) ist ein effizienter Kapitalmarkt dadurch geprägt, dass Wertpapierkurse zu jeder Zeit alle verfügbaren Informationen beinhalten. Das bedeutet, dass neue Informationen unverzüglich in die Bewertung der Wertpapiere einfließen. Bezüglich des Grades der Informationsverarbeitung unterscheidet man zwischen schwacher, mittelstrenger und strenger Informationseffizienz. Ist der Markt schwach informationseffizient, dann beinhalten die augenblicklichen Wertpapierkurse nur Informationen über vergangene Kursbewegungen. Als Konsequenz können mit Handelsstrategien, die auf technischer Analyse basieren, keine Überrenditen erzielt werden. Liegt mittelstrenge Informationseffizienz vor, sind alle öffentlich verfügbaren Informationen in den Preisen verarbeitet. In diesem Fall können weder mit Fundamentalanalyse noch mit technischer Analyse Überrenditen erzielt werden. Wenn selbst die Kenntnis von noch nicht veröffentlichten Informationen nicht zu überdurchschnittlichen Anlageerfolgen führt, spricht man von einem streng informationseffizienten Markt. Die Theorie effizienter Kapitalmärkte schließt nicht aus, dass verschiedene Aktien bzw. Investmentstrategien systematisch unterschiedliche Renditen aufweisen. Soweit die Renditeunterschiede auf Anlegerpräferenzen wie z.B. Risikoaversion zurückzuführen sind, widersprechen sie nicht der Effizienz- marktthese. Wenn die existierenden Theorien zur Erklärung der Aktienrenditen im Marktgleichgewicht allerdings nicht in der Lage sind, die beobachteten Renditeunterschiede zu erklären, spricht man von einer Anomalie. Bei der empirischen Überprüfung von Anomalien werden die realisierten Renditen mit den durch ein Modell generierten Alternativrenditen verglichen. Dabei wird überwiegend das Capital Asset Pricing Modell als Benchmark verwendet. Jede empirisch ermittelte Überrendite einer bestimmten Anlagestrategie kann demnach nur dann als Fehlbewertung durch den Markt interpretiert werden, wenn das verwandte Benchmark-Modell korrekt ist. Viele Handelsstrategien basieren auf der Annahme, dass die am Markt beobachteten Anomalien eine systematische Fehlbewertung durch den Markt manifestieren und versuchen, die Anomalie renditesteigemd auszunutzen. 2.  Passive und aktive Anlagestrategie Ist der betrachtete Markt informationseffizient, dann ist nur ein passives Management im Sinne einer "Buy and Hold" - Strategie sinnvoll. Die Kosten von Portfolioumschichtungen und Aktienanalyse führen notwendigerweise zu einer Reduktion der Performance. Beim passiven Management wird deshalb z.B. im Rahmen von Indexfonds eine vom Anleger präferierte Benchmark (z.B. Dax, EuroStoxx, Nemax) nachgebildet. Dabei muss eine Abwägung zwischen genauerem Tracking des Portfolios mit der Benchmark und den damit verbundenen Transaktionskosten durchgeführt werden. In der Praxis führen Indexfonds selten eine exakte Duplikation des Benchmarkindex durch. Statt dessen wird nur eine kleinere Anzahl an Wertpapieren des Index gehalten, die den Verlauf des Index gut widerspiegeln. Während frühe empirische Tests fast ausschließlich die Effizienzmarktthese stützten, mehren sich in der jüngeren Vergangenheit empirische Belege für systematische Abweichungen von der mittel strengen Informationseffizienz. Aktive Handelsstrategien haben das Ziel, diese Ineffizienzien renditesteigemd auszunutzen. Beim aktiven Management von Aktien versucht man im allgemeinen, eine vordefinierte Benchmark zu übertreffen. Dabei sollte eine geeignete Benchmark folgende Kriterien erfüllen: Das Benchmarkportfolio muss eine echte Anlagealtemative darstellen, sehr gut diversifiziert sein, zu geringen Kosten erwerbbar und bereits vor Durchführungen von Anlageentscheidungen festgelegt werden. Aktives Management kann in drei grundlegende Kategorien eingeteilt werden: Market Timing, Security Selection oder Group Rotation. Bei Market Timing wird versucht, durch Umschichtungen zwischen Anleihen und Aktien von Schwankungen des gesamten Aktienmarktes zu profitieren. Bei der Security Selection wird versucht, in einzelne vom Markt unterbewertete Aktien zu investieren. Im Rahmen der Group Rotation werden einzelne Aktienmarktsegmente über- bzw. untergewichtet. Der Begriff Segment ist dabei weit zu interpretieren: es können z.B. Aktien einer bestimmten Industrie, Aktien mit ähnlicher Dividendenrendite oder ähnlichem Kurs-Gewinn-Verhältnis in Segmente gruppiert werden. Ein aktives Portfo- liomanagement ist notwendigerweise mit höheren Kosten für Research, Gehälter der Portfo- liomanager sowie höheren Transaktionskosten des Handels verbunden. Daneben weist ein aktiv geführtes Portfolio mehr diversifizierbares Risiko als ein passiv geführtes auf, für das rationale Investoren eine zusätzliche Kompensation verlangen. Vor diesem Hintergrund überrascht, dass aktive Anlagestrategien nach wie vor in der Praxis vorherrschend sind. Da eine passive Anlagestrategie per Definition eine Rendite erbringt, die dem Marktdurchschnitt entspricht, muss nach Abzug von Transaktionskosten der größere Teil der aktiven Investoren eine im Vergleich zur passiven Strategie schlechtere Rendite erzielen und damit das intendierte Anlageziel verfehlen. 1.  Ausgewählte Handelsstrategien 1.1  Value Stocks vs. Growth Stocks Verfolgt ein Fonds eine Growth-Stock-Strategie, so werden Aktien mit einer hohen Price-Earnings-Ratio, Market-To-Book-Ratio oder Price-To-Cashflow-Ratio gekauft. Bei einer Value-Stock-Strategie werden dagegen Aktien mit jeweils relativ niedrigen Kennziffern gehalten. Fama/French (1998) zeigen, dass im Zeitraum von 1975-1995 fiir viele internationale Aktienmärkte die Value-Stock-Strategie einer Growth-Stock-Strategie überlegen war. Die Renditedifferenz kann dabei nicht im Rahmen des Capital Asset Pricing Modells über Risikounterschiede erklärt werden. Einige Autoren ziehen daraus den Schluß, dass der Markt Wachs- tumsunternehmen systematisch überbewertet. Alternativ kann die Prämie als Kompensation für einen Risikofaktor angesehen werden, welcher durch das CAPM nicht erfasst wird. [Fama/French (1993)]. Eine andere Erklärung könnte in der Auswahl des Datensatzes und insbesondere der untersuchten Zeitperiode liegen. (Data Mining, Data Snooping). Die großen Kurssteigerungen von Wachstumsunternehmen seit 1995 dürfte das empirische Bild mittlerweile stark modifiziert haben. 1.2  Dividend Yield Handelsstrategie Bei dieser Strategie werden Aktien im Portfolio gehalten, die eine hohe Dividendenrendite besitzen. Naranjo/Nimalendran/Ryngaert (1998) stellen für amerikanische Aktien mit hoher Dividendenrendite eine insgesamt überdurchschnittliche Performance fest. Die Differenz kann weder über unterschiedliche Betas noch das Faktormodell von Fama und French erklärt werden. Eine alternative Erklärung könnte in der höheren Steuerbelastung von Dividendeneinkommen im Vergleich zu Kursgewinnen liegen. Naranjo et al. führen jedoch aus, dass die beobachteten Renditedifferenzen zu groß sind, um auf diese Weise erklärt werden zu können. Blume (1980) zeigt, dass die Beziehung zwischen erwarteter Rendite und Dividendenrendite U- förmig verläuft. Eine überdurchschnittliche Gesamtrendite weisen nicht nur dividendenstarke Werte auf, sondern auch solche, die gar keine Dividende zahlen. Die Dividend-Yield-Strategie ist eng verwandt mit der Value-Stock-Strategie, da viele Value Stocks gleichzeitig eine vergleichsweise hohe Dividendenrendite aufweisen. 1.3  Small Cap Handelsstrategie Bei einer Small-Cap Anlagestrategie werden Aktien von Firmen mit geringer Marktkapitalisierung im Portfolio gehalten. Bei der Large-Cap Strategie werden hingegen Aktien von Unternehmen mit großer Marktkapitalisierung gekauft. Der Size-Effekt bezeichnet die Differenz zwischen der Rendite eines Portfolios aus Small Caps und einem aus Large Caps. Im Durchschnitt weisen Small Caps auch nach Risikobereinigung eine höhere Rendite als Large Caps auf. [Banz (1981), Reinganum (1983), für den deutschen Markt Stehle (1997).] Der Size-Effekt ist jedoch sehr volatil [Brown/Kleidon/Marsh (1983)]. Reinganum (1992) fand für den US Markt von 1926-1989 heraus, dass über einen Zeitraum von 5 bis 6 Jahren der Size Effekt negativ autokorreliert ist. Es gibt eine Vielzahl von Erklärungsversuchungen für den Size- Effekt, die aber nicht völlig befriedigen. Nach Roll (1981) führt die Illiquidität von kleinen Unternehmen zu einer Unterschätzung der Beta-Faktoren des CAPM, was zu einer Überschätzung der Überrenditen führt. Eine andere Erklärung basiert auf den unterschiedlichen Transaktionskosten für den Handel mit Aktien unterschiedlich großer Unternehmen. Nach Stoll/Whaley (1983) nehmen die Transaktionskosten beim Kauf einer Aktie mit zunehmender Unterneh- mensgröße der betreffenden Firmen ab. Ein bedeutsamer Teil der im Bid-Ask-Spread zum Ausdruck kommenden Transaktionskosten stellen Verluste uninformierter Investoren an Insider dar. Sofern kleine Unternehmen einen höheren Anteil an Insiderhandel aufweisen, werden rationale Investoren eine Kompensation in Form einer höheren erwarteten Rendite fordern. Eine weitere Erklärung ist die Tax-Loss-Selling-Hypothese. In vielen Steuersystemen können realisierte Verluste aus Wertpapiergeschäften zumindest teilweise steuermindemd mit Arbeitseinkommen verrechnet werden. Es könnten dann vermehrt am Jahresende die volatilen Aktien kleiner Unternehmen verkauft werden, die im Jahresverlauf sanken, um Verluste zu realisieren. Der Aktienkurs sinkt und erholt sich wieder im Januar. Nach Roll (1983) kann dies einen Size- Effekt verursachen. Allerdings zeigt Reinganum (1983), dass Tax-Loss-Selling nur einen Teil des Size-Effekts erklären kann. Schließlich kann die Überrendite kleiner Unternehmen mit einer Fehlspezifikation des Capital Asset Pricing Modells erklärt werden. Wenn das CAPM die Präferenzen der Anlager nicht zutreffend abbildet, können Überrenditen nach dem CAPM nicht als Kaufsignale interpretiert werden. 3.4 Momentum Strategie und Contrarian Investment Über eine bestimmte vergangene Zeitperiode (Formationsperiode) werden die Aktien eines bestimmten Marktsegments nach ihrer realisierten Renditehöhe geordnet. Man erhält dadurch Sieger- und Verliererportfolios. Verfolgt man eine zyklische Handelsstrategie (Momentum- Strategie), so wird das Siegerportfolio gekauft und das Verliererportfolio verkauft. Bei einer antizyklischen Strategie (Contrarian Investment) werden umgekehrt Sieger verkauft und Verlierer gekauft. Je nach Dauer der Formationsperiode kann man zwischen kurzfristigen (1 Woche bzw. 1 Monat), mittelfristigen (3 bis 12 Monaten) und langfristigen (1 Jahr und länger) Handelsstrategien unterscheiden. Jegadeesh/Titman (1993) sowie Schiereck/Weber (1995) zeigen für den US-Markt sowie für Deutschland, dass im mittelfristigen Bereich eine zyklische Handelsstrategie Überrenditen erzielt. Für kurzfristige Formationsperioden von maximal 1 Monat findet Jegadeesh (1990) dagegen eine Überrendite der antizyklischen Handelsstrategie. Allerdings sind diese Überrenditen nach Berücksichtigung von Transaktionskosten nicht mehr statistisch signifikant. Für den deutschen Markt zeigen Bromann/Schiereck/Weber (1997), dass eine kurzfristige antizyklische Handelsstrategie selbst nach Berücksichtigung von Transaktionskosten signifikante Überrenditen erzielt. Eine überzeugende, auf Rationalverhalten beruhende Erklärung dieser Phänomene steht bisher aus. 2.  Schlussfolgerungen Die empirische Forschung hat inzwischen eine ganze Fülle von systematisch auftretenden "Anomalien" identifiziert, die in der Vergangenheit in profitable Handelsstrategien umgesetzt werden konnten. Die Diskussion hat jedoch gezeigt, dass es auch für "Anomalien" durchaus rationale Erklärungen geben kann. In diesem Fall kann aber nicht mehr von einer Fehlbewertung durch den Markt gesprochen werden, die durch entsprechende Handelsstrategien gewinnbringend ausgenutzt werden kann. Schließlich ist zu beachten, dass der Erfolg einer Strategie in der Vergangenheit keine Garantie für weiteren Erfolg in der Zukunft ist. Die Entdeckung einer echten Fehlbewertung zieht schnell das Interesse vieler Anleger auf sich, die in der Folge durch ihre Investitionen den Renditevorteil dieser Wertpapiere wieder mindern. Beispielsweise wurden in den letzten Jahren am Markt derivative Wertpapiere wie z.B. Momentum-Zertifikate emittiert, die es dem Investor ermöglichen, durch Kauf eines einzigen Wertpapiers eine bestimmte Handelsstrategie umzusetzen. Literatur BANZ, R. W. (1981), The Relationship between Return and Market Value of Common Stock, in: Journal of Financial Economics, 9, S. 3-18. BAUMANN, W. 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