Netting-Richtlinie
Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21.3.1996. Die N. regelt die Bemessung der Ausfallrisiken von Termingeschäften bei der Berechnung der Eigenkapitalausstattung der Kreditinstitute und die Berücksichtigung der bei solchen Geschäften üblichen Netting- Vereinbarungen zwischen den Parteien. Sie ergänzt die Solvabilitätsrichtlinie des Rates der Europäischen Gemeinschaften vom 18.12.1989, in der gemeinsame Standards für die Eigenkapitalausstattung von Kreditinstituten festgelegt worden waren. - Der aus der angloamerikanischen Vertragspraxis stammende Begriff Netting bezeichnet die Aufrechnung oder Saldierung sich gegenüberstehender Positionen aus Termingeschäften. Unterschieden werden das Position Netting (bilaterale Positionenaufrechnung), das Netting by Novation (Netting durch Schuldumwandlung) und das netting by close-out (automatisches Netting bei Vertragsbeendigung, insbesondere bei Insolvenz einer Partei; auch als Liquidationsnetting bezeichnet). Netting-Vereinbarungen erleichtern den Zahlungsverkehr und können in der Form des netting by novation oder des netting by close-out das Ausfallrisiko im Falle der Insolvenz einer Partei verringern. - Entsprechend der Solvabilitätsrichtlinie muss das haftende Eigenkapital eines Kredit- oder Finanzdienstleistungsinstituts gemäß § 10 I KWG i.V.m. Grundsatz I § 2 I der vom Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen (BAKred) aufgestellten "Grundsätze über die Eigenmittel und die Liquidität der Institute" mindestens acht Prozent der gewichteten Risikoaktiva betragen. Zu den Risikoaktiva gehören die Bilanzaktiva (Guthaben, Forderungen usw.) und die außerbilanziellen Geschäfte. Letztere lassen sich in die traditionellen außerbilanziellen Geschäfte (Indossamentsverbindlichkeiten, Bürgschaften usw.) und die Termingeschäfte (Swaps, Optionsgeschäfte, Devisentermingeschäfte usw.) unterteilen. Die zur Anrechnung der Risikoaktiva notwendige Bemessung der Einzelrisiken erfolgt bei den Bilanzaktiva und den traditionellen außerbilanziellen Geschäften nach dem Buchwert. Bei Finanz-Swaps ist grundsätzlich der Kapitalbetrag die Bemessungsgrundlage, bei den sonstigen Termingeschäften der unter der Annahme tatsächlicher Erfüllung bestehende Anspruch des Instituts auf Lieferung oder Abnahme des Geschäftsgegenstandes. Die sich bei den Termingeschäften ergebenden Bemessungsgrundlagen überzeichnen jedoch das Ausfallrisiko, so dass sie in sog. Kreditäquivalenzbeträge umzurechnen sind, die dann auf die Risikoaktiva angerechnet werden. Die Umrechnungsmethoden (Marktbewertungsmethode, Laufzeitmethode) wurden bereits in der Solvabilitätsrichtlinie festgelegt und sind nunmehr in Grundsatz I § 10 und § 11 geregelt. Eine risikomindemde Berücksichtigung von Netting-Vereinbarungen war nach der Solvabilitätsrichtlinie und der ursprünglichen Fassung des Grundsatzes I lediglich im Falle der Vereinbarung eines netting by novation möglich. Sie erfolgte dadurch, dass die Bemessungsgrundlage durch Aufrechnung der Aktiv- und Passivposten verringert wurde. - Durch die N. wurden die Voraussetzungen, unter denen eine risikomindemden Wirkung des netting by novation anzuerkennen ist, gelockert und die risikomindemde Berücksichtigung des netting by close-out zugelassen. Sie wurde durch eine Änderung des Grundsatzes I vom 2.10.1996 umgesetzt. Nach Grundsatz I § 12 I können Netting- Vereinbarungen eine ermäßigte Anrechnung von Risikoaktiva bewirken, sofern das BA- Kred die risikomindemde Wirkung dieser Abmachungen unter den Voraussetzungen der §§ 2a ff. der Verordnung über die Bemessung der Kredit- und Anrechnungsbeträge nach den §§ 13 bis 14 des Gesetzes über das Kreditwesen anerkannt hat. Die Anerkennung der Vereinbarung eines netting by close-out setzt die Vorlage des Vertragstextes beim BAKred und dessen Prüfung voraus (§ 2a KredBestV). Demgegenüber sind Vereinbarungen über ein netting by novation dem BAKred nicht vorzulegen. Das Institut muss sich aber vor Abschluss des Vertrages von dessen Rechtswirksamkeit nach allen berührten Rechtsordnungen überzeugen und über die erforderlichen Beweismittel verfügen, um den Abschluss des Vertrages im Streitfall beweisen zu können (§ 2d I KredBestV). Ist eine ausländische Rechtsordnung berührt, hat das Institut seine Überzeugungsbildung auf ein Rechtsgutachten zu stützen, das dem BAKred auf dessen Verlangen vorzulegen ist (§ 2d III KredBestV). Die Berücksichtigung der den Voraussetzungen der KredBestV entsprechenden Netting- Vereinbarungen erfolgt gemäß Grundsatz I § 12 II durch eine modifizierte Anwendung der Umrechnungsmethoden zur Ermittlung der auf die Risikoaktiva anzurechnenden Kapitaläquivalenzbeträge.
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