Anfechtungsklage bei der AG
Beschlüsse der Hauptversammlung einer AG, die das Gesetz oder die Satzung verletzen, können durch Klage angefochten werden (§ 243 Abs. 1 AktG). Von dieser A.b.d.A. ist die Nichtigkeitsklage zu unterscheiden, die bei bestimmten gravierenden Gesetzesverstößen in Betracht kommt (§ 241 AktG). Die A.b.d.A. kann auch darauf gestützt werden, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechts für sich oder einen Dritten Sondervorteile zum Schaden der Gesellschaft oder der anderen Aktionäre zu erlangen sucht und der Beschluss geeignet ist, diesem Zweck zu dienen, es sei denn, der Beschluss gewährt den anderen Aktionären einen angemessenen Schadensausgleich (§ 243 Abs. 2 AktG). Auf eine Verletzung der Pflichten eines Kreditinstituts beim Vollmachtstimmrecht (§ 128 AktG) kann die Anfechtung nicht gestützt werden (§ 243 Abs. 3 AktG). Für eine Anfechtung, die sich auf die Verweigerung einer Auskunft gegenüber einem Aktionär stützt, ist es unerheblich, dass die Hauptversammlung oder Aktionäre erklärt haben oder erklären, die Verweigerung der Auskunft habe ihre Beschlussfassung nicht beeinflusst (§ 243 Abs. 3 AktG). - Anfechtungsbefugt ist der Vorstand sowie jedes Mitglied des Vorstand und des Aufsichtsrats, wenn es sich bei Ausführung des Beschlusses strafbar machen oder ordnungswidrig handeln oder ersatzpflichtig werden würde; ferner jeder erschienene Aktionär, der gegen den Beschluss zur Niederschrift Widerspruch erklärt hat, sowie jeder nicht erschienene Aktionär, wenn er zu Unrecht nicht zugelassen worden ist oder die Hauptversammlung nicht ordnungsgemäß einberufen oder der Beschlussgegenstand nicht ordnungsgemäß bekannt gemacht worden ist, schließlich jeder Aktionär, wenn er die Anfechtung darauf stützt, dass ein Aktionär mit der Ausübung des Stimmrechte unerlaubte Sondervorteile zu erlangen suchte (§ 245 AktG). Eine A.b.d.A. muß innerhalb eines Monats nach der Beschlussfassung erhoben werden und ist gegen die AG zu richten (§ 246 Abs. 1 AktG). In dem Prozeß wird die AG durch Vorstand und Aufsichtsrat vertreten. Klagt der Vorstand oder ein Vorstandsmitglied, wird die AG durch den Aufsichtsrat, klagt ein Aufsichtsratsmitglied, wird sie durch den Vorstand vertreten (§ 246 Abs. 2 AktG). Örtlich zuständig ist ausschließlich das Landgericht, in dessen Bezirk die AG ihren Sitz hat. Die mündliche Verhandlung findet nicht vor Ablauf der Klagefrist statt. Mehrere Anfechtungsprozesse sind zu gleichzeitigen Verhandlung und Entscheidung zu verbinden (§ 246 Abs. 3 AktG). Der Vorstand hat die Erhebung der Klage und den Termin zur mündlichen Verhandlung unverzüglich in den Gesellschaftsblättern bekannt zu machen (§ 246 Abs. 3 AktG). Das rechtskräftige Urteil, das den Beschluss für nichtig erklärt, wirkt nicht nur zwischen den Parteien des Rechtsstreits, sondern für und gegen alle Aktionäre sowie die Mitglieder des Vorstands und des Aufsichtsrats, auch wenn sie nicht Partei des Rechtsstreits gewesen sind (§ 248 AktG). War der Beschluss ins Handelsregister eingetragen, ist auch das Urteil einzutragen. Die Eintragung des Urteils ist in gleicher Weise wie die des Beschlusses bekannt zu machen. - Den Streitwert einer A.b.d.A. bestimmt das Prozeßgericht unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere der Bedeutung der Sache für die Parteien, nach billigem Ermessen. Er darf jedoch 10 % des Grundkapitals oder, wenn dieses mehr als 500.000 Euro beträgt, diesen Wert nur dann übersteigen, sofern die Bedeutung der Sache für den Kläger höher zu bewerten ist. Macht eine Partei glaubhaft, dass die Belastung mit den Prozeßkosten durch den Streitwert ihre wirtschaftliche Lage erheblich gefährden würde, so kann das Prozeßgericht auf Antrag anordnen, dass ihre Verpflichtung zur Zahlung von Gerichtskosten sich nach einem ihrer Wirtschaftslage angepaßten Teil des Streitwertes bemisst (§ 247 AktG). - Die Anfechtung von Hauptversammlungsbeschlüssen scheidet aus, wenn die Hauptversammlung den anfechtbaren Beschluss durch einen neuen Beschluss bestätigt hat und dieser innerhalb der Anfechtungsfrist nicht angefochten oder die Anfechtung rechtskräftig zurückgewiesen worden ist (§ 244 AktG). - Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds durch die Hauptversammlung kann wegen Verletzung des Gesetzes oder der Satzung durch Klage angefochten werden. Ist die Hauptversammlung an Wahlvorschläge gebunden, kann die Anfechtung auch darauf gestützt werden, dass der Wahlvorschlag gesetzeswidrig zustande gekommen ist (§ 251 Abs. 1 AktG). Die Wahl eines Aufsichtsratsmitglieds, das nach dem Montan-Mitbestimmungsgesetz auf Vorschlag der Betriebsräte oder einer Spitzenorganisation gewählt worden ist, kann auch von jedem Betriebsrat eines Betriebs der AG, jeder der in Betrieben der AG vertretenen Gewerkschaft oder deren Spitzenorganisation angefochten werden. Die Wahl eines weiteren Mitglieds, das nach dem Mitbestimmungsgesetz oder dem Mitbe- stimmungsergänzungsgesetz auf Vorschlag der übrigen Aufsichtsratsmitglieder gewählt worden ist, kann auch von jedem Aufsichtsratsmitglied angefochten werden. - Der Beschluss über die Verwendung des Bilanzgewinns kann außer nach § 243 AktG auch angefochten werden, wenn die Hauptver- Sammlung aus dem Bilanzgewinn Beträge in Rücklagen stellt, die nach Gesetz oder Satzung von der Verteilung unter die Aktionäre ausgeschlossen sind, obwohl die Einstellung bei vernünftiger kaufmännischer Beurteilung nicht notwendig ist, um die Lebens- und Widerstandsfähigkeit der AG für einen hinsichtlich der wirtschaftlichen und finanziellen Notwendigkeiten übersehbaren Zeitraum zu sichern, und deshalb unter die Aktionäre kein Gewinn in Höhe von mindestens 4 % des Grundkapitals bezüglich von noch nicht eingeforderten Einlagen verteilt werden kann (§ 254 Abs. 1 AktG). Zu dieser Anfechtung sind Aktionäre nur befugt, wenn ihre Anteile zusammen 5 % des Grundkapitals oder den Nennwert von 50.000 Euro erreichen (§ 254 Abs. 2 Satz AktG). Die Anfechtungsfrist beginnt auch dann mit der Beschlussfassung, wenn der Jahresabschluss erneut zu prüfen ist (§ 254 Abs. 2 Satz lAktG). - Die Anfechtung eines Beschlusses über eine Kapitalerhöhung gegen Einlagen kann, wenn das Bezugsrecht der Aktionäre ganz oder z.T. ausgeschlossen worden ist, auch darauf gestützt werden, dass der sich aus dem Erhöhungsbeschluss ergebende Ausgabebetrag oder der Mindestbetrag, unter dem die neuen Aktien nicht ausgegeben werden sollen, unangemessen niedrig ist (§ 255 Abs. 2 AktG). Dies gilt nicht, wenn die neuen Aktien von einem Dritten mit der Verpflichtung übernommen werden sollen, sie den Aktionären zum Bezug anzubieten. - Auch die Feststellung des Jahresabschlusses durch die Hauptversammlung kann angefochten werden, jedoch nicht darauf gestützt werden, dass der Inhalt des Jahresabschlusses gegen Gesetz oder Satzung verstößt. Die Anfechtungsfrist beginnt auch dann mit der Beschlussfassung, wenn der Jahresabschluss erneut zu prüfen ist (§ 257 AktG).
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